Jehana Saids Weg vom Flüchtling in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis

Eschweiler Die „Bildungs- und Beratungskette“ der Volkshochschule Eschweiler gilt als Dienstleistungsprozess zur Integration. Jehana Said hat als Flüchtling den Weg in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erfolgreich zurückgelegt.
Die Zahl ist (viel zu) gewaltig: Rund 6,2 Millionen in Deutschland lebende Menschen waren (und sind) laut der „Level-One“-Studie (LEO) des Jahres 2018 „gering literalisiert“. Das heißt, sie sind bestenfalls in der Lage, einfache Sätze zu lesen, zu schreiben und zu verstehen. Aus unterschiedlichsten Gründen.
Für Dana Duikers ist die Lage deshalb eindeutig. „Menschen, deren Hintergrund international ist, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, oder deren Werdegang warum auch immer nicht zu einem Schul- oder Berufsabschluss geführt hat, zu befähigen, auf eigenen Beinen zu stehen, ist eines der Gebote der Stunde sowie der Zukunft“, so die Beigeordnete für Soziales, Bildung, Jugend, Kultur und Sport der Stadt Eschweiler.
Es gehöre auch zur sozialen Verantwortung, jeden arbeitsfähigen Menschen in den Arbeitsmarkt hineinzubringen. Die wichtigste Voraussetzung, diesen Vorsatz in die Tat umsetzen zu können, sei die Sprache, denn diese ebne den Zugang zum gesellschaftlichen Leben. „Sprache“ ist auch eines der Leitthemen für die Verantwortlichen der Volkshochschule Eschweiler, bei der momentan rund 300 Personen an Integrations-, Sprach- und Berufsbildungskursen teilnehmen. „Darüber hinaus existiert eine Warteliste, denn die Nachfrage ist enorm“, unterstreicht VHS-Leiterin Silvia Hannemann, für die die „Bildungs- und Beratungskette“ der Volkshochschule Eschweiler einen Dienstleistungsprozess zur Integration darstellt.
Diese Bildungskette durchlief unter anderem Jehana Said, die im September 2014 aus Syrien flüchtete, am 10. Dezember 2016 nach Deutschland kam und im März 2017 mit ihrem ersten Deutsch-Sprachkurs an der VHS Eschweiler startete, ohne über Vorkenntnisse zu verfügen. „Die ersten sechs Monate waren schwierig“, blickt die gelernte Bildhauerin, die in ihrer Heimat auch als Lehrerin an einer Grundschule arbeitete, zurück.
Doch die Mutter zweier Töchter ließ sich nicht entmutigen und brachte sich schnell auch gesellschaftlich in Deutschland ein. Und zwar ehrenamtlich bei der Arbeiterwohlfahrt sowie an der Bischöflichen Liebfrauenschule, wo sie an Nachmittagen Arbeitsgemeinschaften in Kunst leitete. Nachdem sie im Januar 2018 nach bestandener Prüfung das Zertifikat B1 in Händen hielt, arbeitete sie an der Realschule Patternhof mit Schülerinnen und Schülern zahlreicher Nationalitäten und bot an der Katholischen Grundschule Kinzweiler eine AG im Töpfern an, um nach einer Pause am 25. September den 500 Stunden umfassenden B2-Berufssprachkurs zu beginnen.
„Während nach Abschluss des B1-Kurses die Sprachfähigkeiten in der Regel noch nicht ausreichen, um sich beruflich den Kompetenzen entsprechend verwirklichen zu können, stellen die Anforderungen des B2-Kurses eine echte Herausforderung dar“, stellt Silvia Hannemann den unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad beider Kurse heraus. Jehana Said nahm die Herausforderung nicht nur an, sondern bewältigte sie, was am 30. März 2019 auch aktenkundig wurde. An diesem Tag nahm sie nämlich das B2-Zertifikat entgegen.
„Ich habe immer den Mut aufgebracht, Fehler zu machen“, richtet sie einen Appell an die Menschen, aktiv zu sein. Dies blieb Jehana Said auch in Sachen Bewerbung. Nach einer kurzen Probezeit ist die Syrerin seit August 2019 im offenen Ganztag an der Don-Bosco-Grundschule in der Eschweiler Innenstadt tätig und betreut die Schülerinnen und Schüler in einer Kunst-AG. Die von Dana Duikers gestellte Frage, ob es sich dabei um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis handelt, beantwortet Jehana Said mit einem klaren „Ja“.
Den Weg in die VHS Eschweiler fand die Sprachkurs-Absolventin aber dennoch weiterhin. Zum Beispiel, um an einem „Rückenfit-Kurs“ teilzunehmen. Banal? „Mitnichten“, wie Silvia Hannemann betont. „Es geht nicht ausschließlich darum, Deutsch zu lernen, sondern auch weitere Angebote wahr- und somit am gesellschaftlichen und sozialen Leben teilzunehmen.“
Dass die Bildungskette von einer Beratungskette begleitet werden sollte, ist für die VHS-Leiterin, die Beigeordnete und vor allem für Gabriele Allmann eine ausgemachte Sache. Denn: „Wir sind ein bürokratisches Land und ich fungiere quasi als Lotsin im Bürokratie-Dschungel“, beschreibt die Beraterin innerhalb des Programms „Perspektiven im Erwerbsleben“ ihre Aufgabe.
Gerade, wenn es um die Anerkennung ausländischer Schul- beziehungsweise Berufsabschüsse gehe, seien die Wartezeiten oft extrem lang. „Zahlreiche Menschen benötigen Hilfe, um zu erkennen, was beruflich möglich ist und welche Wege es gibt, diese Möglichkeiten zu nutzen“, so Gabriele Allmann, die natürlich auch Deutschen als Beraterin zur Seite steht. „Es geht darum, Teilhabe zu ermöglichen. Für die gesamte Bevölkerung“, erklärt Silvia Hannemann, die betont, dass es auch außerhalb der VHS Eschweiler eine Vielfalt an Beratungsangeboten gebe.Wichtig sei vor allem, voneinander zu wissen, um eine Verzahnung zum Wohle aller zu gewährleisten. Bildung und Beratung seien zwei Seiten einer Medaille. Doch eine Fähigkeit zu erwerben, stehe über allem: „Sprache ist der Zugang zum gesellschaftlichen Leben“, stimmen Jehana Said, Gabriele Allmann, Dana Duikers und Silvia Hannemann überein.
Für die Überlassung des Berichtes vom 25.09.2023 danken wir ganz herzlich der Redaktion der Eschweiler Zeitung.